Persönlich
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Gunta Stölzl
1897 – 1983

Allein unter Männern – wer das 1926 entstandene Foto der Bauhaus-Meister auf dem Dach des gerade eröffneten Dessauer Bauhauses betrachtet, dem fällt unter den vielen Männern eine einzige Frau auf: Gunta Stölzl. Die Münchnerin hatte bereits mehrere Semester an der Königlichen Kunstgewerbeschule studiert, als sie sich 1919 am Bauhaus immatrikulierte. Sie wollte Glas- oder Freskenmalerin werden, entschied sich dann aber doch für die Textilkunst. Mit zwei Kommilitoninnen fasste sie den Entschluss, eine reine Bauhaus-Frauenklasse zu gründen.

Dem Bauhaus-Direktor, Walter Gropius, kam diese Idee gerade recht, denn die Bauhaus-Meister hatten beschlossen, Frauen nur noch in der Weberei aufzunehmen - entgegen der Programmatik des Bauhauses. Doch Gunta Stölzl setzte sich durch. Zwar war sie auch „nur“ Weberin geworden, konnte sich aber in ihrem Fach schnell profilieren. 1924 wurde sie als Gesellin in der Bauhaus-Weberei eingestellt – ihr Gesellenstück war ein viel beachteter Teppich, der im Musterhaus „Haus am Horn“ in Weimar präsentiert wurde, – und bereits zwei Jahre später übernahm sie in Dessau als erste weibliche Lehrkraft die Gesamtleitung der Weberei. 

„Die Parole dieser neuen Epoche: Modelle für die ‚Industrie‘.“
Gunta Stölzl

Doch ihr Erfolg rief Neider am Bauhaus auf den Plan, das zu dieser Zeit ohnehin von heftigen Unruhen erschüttert war. Als sich ihre persönliche Lage zugespitzte und sie, vermutlich in Anspielung auf ihren jüdischen Mann, den Architekten und Bauhaus-Schüler Arieh Sharon, ein Hakenkreuz an ihrer Tür vorfand, verließ Gunta Stölzl 1931 das Bauhaus und ging nach Zürich, wo sie eine Handweberei eröffnete.

Seit September 2017 führt das Bauhaus in Dessau in seiner Sammlung einen Wandbehang, der nach einem Entwurf von Gunta Stölzl umgesetzt wurde. Bisher gab es das Textil nur als Vorlage. Wenn im Herbst 2019 das Bauhaus-Museum in Dessau eröffnet wird, wird sicherlich auch dieses Werk zu sehen sein.

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